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Das Fest der Kreuzigung und Wiederauferstehung

Noli Me Tangere von Alexander A. Iwanow

Jesus erscheint Maria Magdalena von Alexander A. Iwanow

Das Fest der Kreuzigung und Wiederauferstehung feiern wir zur Tag- und Nachtgleiche im Frühling – dem Zeitpunkt im Sonnenjahr, wenn das Licht die Hälfte seines Aufstiegs erreicht hat und wir eine Erneuerung des Lebens in der Natur beobachten können. Thema des Festes ist das Mysterium der Kreuzigung und Wiederauferstehung, wie es in der Sophia-Gnostik verstanden wird, mithin die Kraft der Erlösung durch die Offenbarung des auferstandenen Christus.

Die äußeren, inneren und geheimen Lehren des heiligen Evangeliums bilden in der Sophia-Tradition eine Einheit. So stehen die wesentlichen Punkte des Glaubens der äußeren Kirche in keinem Widerspruch zu den esoterischen Lehren der inneren Kirche. Sophia-Gnostiker feiern das Mysterium des tatsächlichen Todes und der Wiederauferstehung, wir feiern die Gnade der Erlösung durch das heilige Opfer ebenso wie die göttliche Offenbarung, die dadurch stattfindet, die Gnosis des auferstandenen Christus.

Was diese Gnosis bedeutet, wird für jeden Eingeweihten verschieden sein. Es hängt von ihrem / seinem Glauben und der eigenen Erfahrung des auferstandenen Christus ab, ihrem eigenen Wissen und ihrem Verständnis des heiligen Evangeliums. Es muss aber gesagt werden, dass Sophia-Gnostiker das Kommen des auferstandenen Christus nicht als „mythisch“ sehen, nicht so, als wäre es eine weitere mythische Geschichte des getöteten und auferstandenen Gottes. Eher sehen wir das Mysterienspiel des Evangeliums als die Erfüllung dessen, was Weise in erleuchteten heidnischen Traditionen erahnten und was Propheten im Alten Israel in Visionen schauten: das Erscheinen einer erleuchteten und befreiten Menschheit.

Diese Geschichte wird auch im Buch der Natur erzählt: Es ist die Geschichte von der Raupe, die zum Schmetterling wird. Ein erdgebundenes Geschöpf, das völlig transformiert wird und sich auf eine äußerst strahlende und wunderbare Weise in die Lüfte erhebt. Dies spiegelt genau das Mysterium der Kreuzigung und Auferstehung wieder, wie es von Sophia-Gnostikern verstanden wird.

Der Fokus des Festes hängt in jedem Jahr davon ab, was unter den Gefährten des spirituellen Kreises gerade passiert. Im allgemeine liegt der Hauptfokus aber eher nicht auf der Passion und Kreuzigung, wie das in der äußeren Kirche der Fall ist, obwohl das manchmal auch möglich ist. Wenn man die gnostischen Evangelien, wie z. B. Pistis Sophia, studiert und kontempliert, gewinnt man Einsicht in die häufigsten Schwerpunkte: die Lehren und die Offenbarung des auferstandenen Christus.

Wie wir in der Pistis Sophia sehen, beginnen die gnostischen Evangelien dort, wo die kanonischen Evangelien enden: mit dem Kommen des auferstandenen Retters. Deshalb ist unser Schwerpunkt die Offenbarung des auferstandenen Christus. Tatsächlich beschäftigen wir uns mit dem Mysterium des erlösenden Prozesses des Kreuzes – der Vergebung von Sünde (oder dem Auflösen negativen Karmas) und wie dadurch das Heiligtum der göttlichen Gnade offenbart wird (das Mysterium der Erlösung). Aber darin und dahinter steht die Auflösung oder Transformation der Unkenntnis und Ignoranz durch die Offenbarung der Pleroma des Lichtes. Es ist das Erlöschen der Ursache unserer Gefangenschaft in der Herrschaft des Demiurgen und seines Schattens. Das ist es, was wir am häufigsten beim Fest der Kreuzigung und Wiederauferstehung betonen.

Mögen alle mit der heiligen Gnosis des Auferstandenen Christus gesegnet sein, so dass wir im Leben und zum Zeitpunkt unseres Todes in der großen Wiederauferstehung und im Aufstieg bleiben; amen.

[Übersetzt aus: Tau Malachi: The Feast of the Crucifixion and Resurrection. – Forum der Sophia Fellowship]